Parteivorsitzender der SPD von Baden-Württemberg
Humor spielt in der Politik oft eine wichtige Rolle. Wie sehen Sie die Bedeutung von Humor in Ihrem politischen Leben?
Als Politiker kann ich leider nicht so humorvoll sein, wie ich es persönlich gerne wäre. Politik braucht geglückte Kommunikation. Als Politiker mache ich also besser keine Witze, die nicht möglichst alle meine Gegenüber auch witzig finden. Für mich selbst versuche ich, möglichst viele Dinge mit Humor zu nehmen. Das klappt eigentlich auch ganz gut.
Politiker stehen oft unter großem Stress. Wie gehen Sie persönlich mit Stress und Druck um?
In der Politik kann es genauso stressig werden wie in vielen anderen Berufen. Und wie in so vielen Berufen gilt auch hier: Wenn man seine Arbeit aus vollem Herzen und gerne macht, kommt man meistens ganz gut klar. Gelegentlich macht es sogar Vergnügen J.
Welche Gedanken haben Sie zur aktuellen gesellschaftlichen Situation in Deutschland? Welche Herausforderungen sehen Sie?
Das klingt jetzt grundsätzlich, aber das ist es eben auch: Wir stehen vor einem ganzen Berg gewaltiger Aufgaben, die wir gemeinsam lösen müssen und auch nur gemeinsam lösen können. Umso gefährlicher ist es, wenn uns die Gemeinsamkeit abhandenkommt. Wir erleben einen Aufschwung der Radikalen, einen Boom der Sparteninteressen. Wir erleben, wie Kompromissbereitschaft plötzlich als Schwäche dargestellt wird. Dabei sind Gemeinschaft und Solidarität unsere größte Stärke. Dafür müssen wir uns einsetzen.
Ihre Ansicht zur Regierung in Berlin im Hinblick auf die Migrationspolitik interessiert uns. Wie bewerten Sie deren Vorgehen?
Da kann ich nahtlos weitermachen: Die Bundesregierung sucht nach gemeinsamen europäischen Lösungen, sie reagiert auf Missstände und handelt besonnen, aber auch beherzt. Das ist Migrationspolitik. Aber die öffentliche Debatte wird nicht von Migrationspolitik beherrscht, sondern oft von Migrationspolemik. Das finde ich schwer erträglich.
Sind Ihnen therapeutischer Humor und Humor in der Politik bekannt? Gibt es Parallelen oder Unterschiede?
Ich meine ja schon, dass mein politischer Humor immer auch therapeutisch ist, ich will den Kolleginnen und Kollegen anderer Parteien ja auf den rechten Weg helfen. Tatsächlich sehe ich eher Parallelen. Humor hat eine erstaunlich lindernde, ja sogar heilende Wirkung, und die nutzen wir sicher auch, zum Beispiel in der Debattenkultur im Landtag. Dort fetzen wir uns auch mal, das muss so sein und gibt den Debatten auch ihre Würze. Eine Prise Humor kann aber verhindern, dass die Schärfe persönlich verletzend wird.
Wann setzen Sie Humor gezielt in Ihrer politischen Arbeit ein? Können Sie Beispiele nennen?
Wie ich eben sagte: Natürlich will ich politische Mitbewerber mit Humor auch einmal vorführen, gleichzeitig macht Humor die Konfrontation aber auch angenehmer, augenzwinkender. Im Landtag in Stuttgart wirkt ein derber Witz zum Beispiel weniger verletzten, wenn es ein derber Witz auf Schwäbisch ist. Für Beispiele muss man nur auf die Internetseite des Landtags klicken und in der Mediathek meine Reden anschauen. Das sollten sowieso alle Leute tun, finde ich.
Wie sieht Ihr typischer Alltag als Politiker aus? Gibt es bestimmte Routinen oder Gewohnheiten, die Ihnen helfen, effektiv zu arbeiten?
Nicht, weil ich mal Kultusminister war, sondern überhaupt: Mein Alltag erinnert mich immer ein wenig an meine Schulzeit. Man hat jeden Tag einen sehr dichten Stundenplan, man soll pünktlich zum Klingeln in der nächsten Klasse sitzen und dann bekommt man keine gute Note, wenn man nichts weiß oder sich nicht genug meldet. Deswegen hilft mir auch dasselbe wie damals in der Schule: Ab und zu fünf Minuten Pause. Und das Pausenbrot ist ganz wichtig.
Welche Rolle spielt Humor in Ihren persönlichen Beziehungen und Ihrem familiären Umfeld?
Da ist die Lage zum Glück anders als auf der politischen Bühne. Meine Familie und meine Freunde liegen beim Humor schon auf der gleichen Wellenlänge mit mir. Also gibt es keinerlei Grund, beim Humor Rücksicht zu nehmen. Das beherzigen besonders meine Kinder, besonders mir gegenüber.
Können Sie uns eine lustige Anekdote aus Ihrer politischen Karriere erzählen, die Ihnen besonders im Gedächtnis geblieben ist?
Da sind wir wieder bei dem kleinen Problem vom Anfang: Die Dinge, die ich persönlich brüllend komisch finde, könnten andere eher makaber berühren. Kann ich lustige Anekdoten erzählen? Aber hallo! Werde ich das hier tun? Neeeeee.
Wie schon gesagt, Humor kann Schärfe aus politischen Debatten nehmen. Und er kann unglaublich hilfreich sein, wenn man Kompromisse schmiedet. Das habe ich auch erlebt, als ich an den Koalitionsverhandlungen der aktuellen Bundesregierung mitwirken durfte. Klar ist aber auch: Mit undemokratischen Kräften machen wir keine Kompromisse. Und bei diesen Spannungen kann auch Humor nichts lösen.
Wie sieht Ihre Herangehensweise an die Kommunikation mit der Öffentlichkeit aus? Welche Rolle spielt Humor dabei?
Ich möchte es nie verlernen, über mich selbst lachen zu können. Gerade auch in der Öffentlichkeit. Wir erleben, wie Politikerinnen und Politiker zunehmend verächtlich gemacht werden, als Dilettanten oder gar Kriminelle hingestellt werden. Umso deutlicher müssen wir alle erklären, dass auch Politik von Menschen gemacht wird. Menschen, die auch Fehler machen. Aber auch Menschen, die lachen können. Ich glaube, da nehmen wir uns in der Politik manchmal auch zu ernst.
Gibt es politische Vorbilder oder Persönlichkeiten aus anderen Bereichen, die Sie inspirieren und die für Sie einen besonderen Sinn für Humor haben?
Der leider verstorbene südafrikanische Erzbischof Desmond Tutu war ein Mann, der im Kampf gegen die Apartheid und bei ihrer Aufarbeitung mit ungeheurem Leid konfrontiert wurde. Er hat aber nie die Fähigkeit verloren, zu verzeihen. Und zu lachen.
Inwiefern glauben Sie, dass Humor dazu beitragen kann, das Interesse der jüngeren Generation für Politik zu wecken?
Bei jungen Menschen muss man kein Interesse für Politik wecken, das ist reichlicher da als bei vielen alten Leuten. Wenn unser angestammter Politikbetrieb junge Leute abschreckt, müssen wir ihn vielleicht auch mal abstauben. Dabei kann Humor nicht schaden.
Welche Projekte oder Ziele haben Sie in Ihrer politischen Arbeit, die Ihnen besonders am Herzen liegen?
Wie lang soll dieser Newsletter werden? Um es ganz grundsätzlich zu sagen: Ich möchte, dass unsere Gesellschaft gemeinsam, solidarisch und erfolgreich in die Zukunft geht. Ich möchte, dass der dringend nötige Klimaschutz niemandem Angst macht, weil man sich e-Mobile oder Wärmepumpen nicht leisten kann. Ich möchte, dass wir auf dem Weg in die Digitalisierung und die dringend nötige Transformation alle mitnehmen und niemand auf der Strecke bleibt. Ich möchte, dass niemand Angst haben muss, er können sich keine warme Wohnung mehr leisten – oder gar keine Wohnung mehr. Ich möchte dazu beitragen, dass in unserem Land wieder mehr Zuversicht herrscht. Denn mit Zuversicht können wir alle Herausforderungen meistern.
Abschließend: Was würden Sie Menschen raten, die in der Politik tätig werden möchten und dabei auch Humor einsetzen wollen?
Ich würde allen Menschen, die Humor einsetzen wollen raten, dabei auch in der Politik tätig zu werden. Wir brauchen Euch!