Bedeutung von Humor in der Pflege mit traumatisierten Patienten
Heiterkeit in GesundheitsberufenAuszug aus dem Buch: „HumorCare – Das Heiterkeitsbuch für Pflege- und Gesundheitsberufe“
Beitrag von Birgitta Schermbach
Die therapeutische Arbeit mit traumatisierten Patienten soll die Psychodynamik und das Innensystem des Patienten in den Blick nehmen. Seine Eigenschaften, seine Persönlichkeit und seine Verhaltensweisen entwickelt der Patient im familiären und sozialen Kontext.
Dieser Hintergrund mit seinen interaktionellen Mustern soll in die Behandlung miteinbezogen werden. Ein besonderes Augenmerk in der Behandlung von Trauma– Patienten soll auf das Stabilisierende, das Destabilisierende und das Triggernde geworfen werden. Ebenso gilt es, die misslungenen Lösungsversuche zu beachten, sogenannte dysfunktionale Strategien, die sich verfestigt haben.
Das Behandlungsteam ist in hohem Masse gefordert, achtsam die systemischen Verstrickungen in der Patientengruppe wahrzunehmen, zu benennen und entsprechend humorvoll und lösungsorientiert anzugehen. Humorvolle Lösungsorientierung könnte in den Augen der Verfasserin die Ernstheiterkeit als Handlungssystem nutzen. In der Regel beschäftigen sich die Therapeuten und Pflegefachpersonen nahezu ausschliesslich mit der Auflösung von Symptomen und deren Schwierigkeiten. Der Einbezug eines ernstheiteren Perspektivenwechsel im therapeutischen Gespräch mit Patienten und Patientinnen lässt Heiterkeit und Fröhlichkeit in belastet erlebten Situationen entstehen und fördert das Wohlbefinden.
Die Verfasserin erinnert sich an einen Film der beiden Schweizer Medienkünstler Peter Fischli und David Weiss aus dem Jahre 1987: „Der Lauf der Dinge.“ Ein Kunstfilm, der den kontinuierlichen Ablauf einer aufgebauten Aneinanderreihung von improvisierten Vorrichtungen zur Erzeugung von Bewegung, Flammen und chemischen Reaktionen zeigt. Wiederholt wird in diesem Film die Frage gestellt, wie und ob es überhaupt weitergeht. Die gezeigten Unterbrechungen produzieren beim Betrachter Spannung. Plötzlich sieht er einen gänzlich unerwarteten Effekt, der ihn verblüfft und erheitert.
Behutsam eingesetzter Humor wendet sich empathisch dem Menschen zu und kann gerade bei erstarrten und inflexiblen Patienten ungeahnte Umdenkprozesse anregen. Die in der Kindheit verschüttete Kreativität kann wieder freigelegt werden. Die alltäglichen Ereignisse werden mithilfe der Pflegefachperson und der Therapeutin durch eine unkonventionelle
„komische“ Brille betrachtet. Oder es werden miteinander ungewöhnliche Gedankenexperi- mente entwickelt, so dass der Patient überraschende Wortbedeutungen entdeckt. Es entsteht verbale Witzigkeit, die zum Lachen führt. Endorphine werden ausgeschüttet, was die körpereigene Immunabwehr aktiviert.
Seminarleiterin, Dozentin, Autorin:
Birgitta Schermbach
Traumatisierte Patienten müssen während des Eintauchens in das Forschungslabor „guter Witz und echter Humor“ das Gefühl entwickeln können, Inhaber der Kontrolle über sich selbst zu sein. Ist diese Sicherheit hergestellt, können sie durch das mutige Experimentieren und Forschen und die dadurch entstehenden unerwarteten Überraschungen erfahren, welche Vitalität im Augenblick der spielerischen Anwendung von Humor steckt. Das dabei entstehende Erleben positiver Emotionen aktiviert die suchende Bewegung vom Problem- verhalten zum Lösungsverhalten.
PatientenInnen, die an einer Traumafolgestörung leiden, werden oft als kaum belastungsfähig und sowohl somatisch als auch seelisch fragil eingestuft. Sie scheinen als Jammerlappen durchs Jammertal zu wandern! Demzufolge werden sie als stark gestört behandelt und als Opfer ohne jede Gestaltungsmöglichkeit wahrgenommen. Der Jammerlappen wird somit gut gefüttert.
Im unbewussten Erlebnisrepertoire eines jeden Menschen ist jedoch die Kompetenz für einen anderen Umgang mit seinem qualvoll Erlebten vorhanden. So verlangt eine therapeutisch hilfreiche Arbeit unbedingt neben dem Einfühlungsvermögen für das Leid der Patientin eine Fokussierung auf ihre Selbstgestaltungsfähigkeiten im Umgang
mit dem schmerzlich Erlebten. Schauen die Pflegefachperson und die Therapeutin selbst mutig mit Kinderaugen in die Welt und bauen ihre eigenen inneren Sichtweisen mit Kinderhänden um, dienen sie den Patienten als aktive Vorbilder und schmunzeln mit ihnen über das Ergebnis mit dem Humor einer Erwachsenen.
Deshalb lohnt es sich, als ernstheiterer Clown durch das Jammertal zu ziehen und in dieser Problemlandschaft einen Blick durch die humorvolle Brille zu wagen. Ein Pflegeteam, dass diese Gegensteuer immer wieder bewusst einsetzt, betreibt aktiv Selbstfürsorge und fördert den flotten Dreier: die Leichtigkeit, die Lockerheit und das Lachen.
Modul 5: Humor in Pflege- und Care-Berufen
Modul 5: Humor in Pflege- und Care-Berufen
Die Pflegerische und Soziale Arbeit, die mit Humor geleistet wird, nimmt den KlientInnen die Ängste, lockert die Atmosphäre auf und gibt der ganzen Situation etwas Leichtigkeit. Dieser Humor schwebt frei